Analyse

Sicherheitsüberprüfung Ü1 Ü2 Ü3: Defense Karriere Guide 2025

Umfassender Guide zu Sicherheitsüberprüfungen (Ü1, Ü2, Ü3) in der Defense-Industrie: Ablauf, Anforderungen, doppelte Staatsbürgerschaft, Gehälter und Karrierechancen in Deutschlands Rüstungsindustrie.

November 11, 2025
22
 Minuten
Deniz L. Tulay
TEKOM Design Wellen - Moderne Personalberatung München Background
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Karriere in der Defense-Industrie: Sicherheitsüberprüfung Ü1, Ü2, Ü3 erklärt

Sicherheitsüberprüfungen sind die zentrale Voraussetzung für eine Karriere in der Defense-Industrie. Ob bei Rheinmetall, Hensoldt oder Diehl Defence. Ohne erfolgreiche Sicherheitsüberprüfung der Stufen Ü1, Ü2 oder Ü3 erhalten Sie keinen Zugang zu Verschlusssachen und damit zu den meisten Defense-Positionen. In diesem umfassenden Karriere-Guide erfahren Sie alles über den Ablauf der Sicherheitsüberprüfung, die konkreten Anforderungen je nach Stufe, wie doppelte Staatsbürgerschaft Ihre Chancen beeinflusst und wie Sie sich optimal auf Ü1, Ü2 oder Ü3 vorbereiten. Darüber hinaus beleuchten wir die aktuelle Marktsituation, realistische Gehaltserwartungen und warum immer mehr hochqualifizierte Fachkräfte bewusst den Weg in die Rüstungsindustrie wählen.

Der Wandel: Defense wird zum attraktiven Arbeitgeber

Die Zeiten haben sich grundlegend geändert. Was vor wenigen Jahren noch gesellschaftlich undenkbar schien, ist heute gelebte Realität in deutschen Personalabteilungen: Immer mehr IT-Spezialistinnen und Spezialisten, Ingenieurinnen und Ingenieure sowie Office-Professionals zeigen nicht nur theoretische Bereitschaft, sondern echtes, handfestes Interesse an einer Karriere in der Rüstungs- und Verteidigungsindustrie. Eine aktuelle Analyse von Indeed-Expertin Dr. Virginia Sondergeld bestätigt diesen Trend mit harten Zahlen: Das Interesse an Stellenangeboten in der Defense-Branche hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht, und Unternehmen wie Rheinmetall, Hensoldt, Diehl Defence und zahlreiche weitere Branchengrößen verzeichnen stark steigende Bewerberzahlen über alle Qualifikationsstufen hinweg.

Mit dem Rekord-Verteidigungshaushalt 2025 in Höhe von 86,37 Milliarden Euro – bestehend aus regulären Mitteln plus Sondervermögen – und der neuen Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz, die öffentlich ankündigt, Deutschland zur konventionell stärksten Armee Europas zu machen, durchläuft die Branche eine historische Wachstumsphase. Diese politische und finanzielle Unterstützung schafft nicht nur Arbeitsplätze, sondern verändert auch fundamental das Ansehen der gesamten Branche in der Gesellschaft.

Die Zeitenwende: Ein gesellschaftlicher Mentalitätswandel

Am 24. Februar 2022 erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz vor dem Deutschen Bundestag einen Satz, der weit über politische Rhetorik hinausging: "Der 24. Februar 2022 markiert eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents." Diese Worte markierten tatsächlich einen fundamentalen Wandel im deutschen Selbstverständnis, der sich besonders deutlich in der veränderten Wahrnehmung der Verteidigungsindustrie zeigt.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Rund 85 Prozent der Deutschen haben heute eine positive Einstellung zur Bundeswehr, während dieser Wert 2019 noch bei 77 Prozent lag. 52 Prozent der Bevölkerung befürworten mittlerweile die Wiedereinführung einer Dienstpflicht, eine Entwicklung, die noch vor wenigen Jahren undenkbar erschien. Besonders bemerkenswert ist, dass 59 Prozent der Bürgerinnen und Bürger höhere Verteidigungsausgaben unterstützen – 2022 bedeutete dies einen Anstieg um 20 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Die Bereitschaft, die Bundeswehr personell und materiell zu stärken, erreicht damit historische Höchstwerte in der Geschichte der Bundesrepublik.

Jahrzehntelang lebte Deutschland von einer sogenannten Friedensdividende: niedrige Verteidigungsausgaben, eine minimalistisch ausgestattete Bundeswehr und ein gesellschaftlicher Fokus auf Wirtschaftswachstum statt Sicherheitspolitik. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die wachsende Bedrohung durch Chinas aggressive Außenpolitik und die Unberechenbarkeit der amerikanischen Sicherheitsgarantien haben diese jahrzehntelang gepflegte Illusion innerhalb weniger Monate zerstört. Plötzlich wird einer ganzen Generation bewusst: Sicherheit ist nicht selbstverständlich, Freiheit muss aktiv verteidigt werden, und technologische Überlegenheit im Verteidigungsbereich ist ein entscheidender Faktor für die Aufrechterhaltung demokratischer Gesellschaften.

Es geht um mehr als Geld – es geht um eine Mission

Was uns bei TEKOM in den letzten Jahren in unzähligen Kandidatengesprächen besonders deutlich aufgefallen ist: Die Fachkräfte, die zu uns kommen und ernsthaft über einen Wechsel in die Defense-Industrie nachdenken, suchen nicht primär nach einem höheren Gehalt oder besseren Benefits. Sie suchen nach etwas, das in der Tech- und Automotive-Branche zunehmend verloren gegangen ist: nach Sinn, nach einer Mission, nach einer Aufgabe, die über das nächste Software-Release oder die nächste Quartalsbilanz hinausgeht.

In unseren Gesprächen hören wir immer wieder ähnliche Aussagen, die diesen Wandel eindrucksvoll belegen: "Ich will endlich etwas Sinnvolles tun – nicht nur das nächste Feature für eine Shopping-App entwickeln, sondern an Technologie arbeiten, die wirklich relevant ist." Oder: "Meine Kinder sollen in Sicherheit und Freiheit aufwachsen. Dazu will ich mit meinen Fähigkeiten aktiv beitragen." Besonders häufig hören wir: "Ich sehe jeden Tag in den Nachrichten, was in der Ukraine passiert. Das hat meine gesamte Perspektive auf Sicherheitspolitik und Verteidigung fundamental verändert." Ein weiterer Satz, der uns regelmäßig begegnet: "Technologie, die Leben rettet statt nur Profit maximiert – genau das motiviert mich jeden Morgen aufzustehen." Und schließlich, besonders von erfahrenen Automotive-Ingenieuren: "Nach zehn Jahren bei einem großen OEM will ich endlich an etwas arbeiten, das wirklich wichtig ist und nicht nur dem nächsten Geschäftsbericht dient."

Die Mission: Schutz von Freiheit und Demokratie

Defense ist nicht mehr das schmutzig-graue Geschäft, als das es jahrzehntelang in Deutschland galt. Es ist zunehmend eine bewusste Mission, der Menschen mit klaren Werten und Überzeugungen folgen. Diese Mission umfasst die Verteidigung der europäischen Friedensordnung, die mit enormem Aufwand nach dem Zweiten Weltkrieg aufgebaut wurde. Sie bedeutet den aktiven Schutz demokratischer Werte gegen autoritäre Regime, die weltweit auf dem Vormarsch sind. Sie beinhaltet die Abschreckung von Aggressoren durch technologische Überlegenheit, die militärische Konflikte im besten Fall verhindert, bevor sie entstehen. Und letztlich geht es um die Sicherheit der nächsten Generation, darum, unseren Kindern eine Welt zu hinterlassen, in der Freiheit und Selbstbestimmung nicht nur theoretische Konzepte sind, sondern gelebte Realität.

Das mag pathetisch klingen, und vor zehn Jahren hätte wahrscheinlich niemand solche Sätze öffentlich ausgesprochen, ohne belächelt zu werden. Aber es ist genau das, was wir heute in Gesprächen mit Kandidatinnen und Kandidaten aus allen Altersgruppen und Qualifikationsstufen erleben. Die geopolitische Realität hat das gesellschaftliche Bewusstsein fundamental verändert, und damit auch die Bereitschaft, aktiv zur Sicherheit beizutragen.

Gehälter: Realistisch betrachtet

Seien wir ehrlich: In der Defense-Industrie verdient man gut, teilweise sehr gut – aber es ist keine Gelddruckmaschine, und es lohnt sich, die Gehaltssituation realistisch zu betrachten. Basierend auf unserer langjährigen Recruiting-Erfahrung und kontinuierlichen Marktbeobachtung können wir folgende Gehaltsspannen als Richtwerte nennen: Software Engineers mit entsprechender Berufserfahrung verdienen typischerweise zwischen 60.000 und 90.000 Euro Jahresgehalt, wobei die genaue Position innerhalb dieser Spanne stark von der Erfahrung, dem konkreten Tätigkeitsfeld und dem Arbeitgeber abhängt. Systems Engineers können mit Gehältern zwischen 65.000 und 95.000 Euro rechnen, während Projektleiterinnen und Projektleiter je nach Verantwortungsbereich zwischen 75.000 und 120.000 Euro verdienen. Senior Positions und Führungskräfte mit mehrjähriger Erfahrung in der Branche können Gehälter von 90.000 Euro bis deutlich über 140.000 Euro erreichen.

Diese Spannen sind ausdrücklich als Richtwerte zu verstehen und können je nach Unternehmen, Standort, Tarifvertrag und individueller Erfahrung durchaus variieren. Im Vergleich zu anderen Branchen bedeutet das: Die Automotive-Industrie zahlt bei großen OEMs oft ähnlich oder sogar leicht höher, insbesondere wenn man erfolgsabhängige Prämien mit einrechnet. Big Tech und FAANG-Unternehmen wie Google oder Amazon zahlen in der Regel deutlich besser, besonders in höheren Positionen. Die klassische Luft- und Raumfahrt liegt mit einem Median von etwa 66.000 Euro laut jobvector-Studien im vergleichbaren Bereich. Der mittelständische Engineering-Bereich zahlt häufig etwas weniger als die großen Defense-Konzerne.

Was Defense allerdings zusätzlich zum Grundgehalt bietet, macht einen erheblichen Unterschied: Viele Unternehmen der Branche sind an den IG Metall Tarifvertrag gebunden, darunter Branchenriesen wie Rheinmetall und KMW. Das bedeutet in der Praxis ein 13. Monatsgehalt plus zusätzliches Urlaubsgeld, eine hohe Jobsicherheit durch volle Auftragsbücher für die nächsten Jahre, standardmäßig 30 Tage Urlaub, umfangreiche betriebliche Altersvorsorge und großzügige Weiterbildungsbudgets. Was Defense hingegen nicht bietet: Silicon Valley-Gehälter mit Aktienoptionen, Stock Options wie bei Tech-Startups und schnellen Reichtum durch Exit-Szenarien.

Die Wahrheit ist: Man verdient in der Defense-Industrie solide, sicher und verlässlich über Jahrzehnte hinweg – aber reich wird man hier nicht. Und das ist auch gar nicht der entscheidende Punkt für die meisten Kandidatinnen und Kandidaten, die wir begleiten.

Die wahren Motivatoren

Aus unserer langjährigen Recruiting-Erfahrung können wir mit Sicherheit sagen: Die Kandidatinnen und Kandidaten, die langfristig in der Defense-Industrie bleiben und dort nicht nur arbeiten, sondern wirklich erfolgreich und zufrieden sind, werden von ganz anderen Faktoren getrieben als dem reinen Gehalt.

Da ist zunächst die technologische Exzellenz: Defense arbeitet an der absoluten Spitze der verfügbaren Technologie. Wir sprechen von Safety-Critical Software nach Standards wie DO-178C oder ISO 26262, von Cyber Security auf NATO-Niveau mit Anforderungen, die weit über kommerzielle Standards hinausgehen, von künstlicher Intelligenz für autonome Systeme mit Entscheidungsfindung in kritischen Situationen, von Quantenkryptographie für abhörsichere Kommunikation und von Hyperschall-Technologie, die physikalische Grenzen neu definiert.

Dann ist da die intellektuelle Herausforderung und Komplexität: Ein Avionik-System für einen modernen Kampfjet zu entwickeln oder Cyber-Abwehrsysteme zu konzipieren, die gegen staatliche Akteure bestehen müssen – das sind Aufgaben, die intellektuell maximal fordernd sind und Fähigkeiten auf einem Niveau erfordern, wie man es in kaum einer anderen Branche findet. Diese Systeme müssen unter extremsten Bedingungen absolut zuverlässig funktionieren, und die Komplexität der technischen, rechtlichen und ethischen Anforderungen ist enorm.

Die langfristige Stabilität ist ein weiterer entscheidender Faktor: Während Startups kommen und gehen, Tech-Unternehmen Massenentlassungen durchführen und die Automotive-Branche mit strukturellen Problemen kämpft, hat die Defense-Industrie volle Auftragsbücher für die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre. Diese Planungssicherheit ist in der heutigen volatilen Wirtschaftswelt selten geworden und wird von vielen Fachkräften sehr geschätzt.

Die Sinnstiftung spielt eine zentrale Rolle: Wenn Sie auf einer Party gefragt werden "Was machst du beruflich?" und Sie antworten können "Ich trage mit meiner Arbeit dazu bei, dass mein Land und Europa sicher bleiben", dann ist das eine Antwort, die echten Stolz vermittelt und die über das rein Berufliche hinausgeht. Diese Form der Sinnstiftung findet man in der Tech-Branche oder im klassischen Maschinenbau heute selten.

Schließlich die Work-Life-Balance: Nach unserer Erfahrung über hunderte vermittelte Positionen ist Defense oft deutlich entspannter als man von außen denken würde. Viele Unternehmen haben klare 40-Stunden-Wochen ohne die ständigen Überstunden, die in Tech-Startups üblich sind, strukturierte Projekte mit realistischer Planung statt permanentem Krisenmodus, und deutlich weniger "Crunch Time" als in der Automotive-Industrie oder bei Software-Unternehmen. Dies variiert natürlich je nach Unternehmen und Position, aber der Trend ist eindeutig: Defense bietet oft eine bessere Balance als ihr Ruf vermuten lässt.

Die wirtschaftliche Perspektive: Sicherheit statt Risiko

Neben all den ideellen Gründen gibt es auch handfeste wirtschaftliche Argumente für eine Karriere in der Defense-Industrie. Der Verteidigungshaushalt 2025 beträgt 86,37 Milliarden Euro und ist damit der höchste Verteidigungsetat in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Allein 2025 werden 10.000 neue militärische und 1.000 zusätzliche zivile Stellen geschaffen. Eine Grundgesetzänderung hat Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse ausgenommen, was langfristige Planungssicherheit schafft. Der Bundesnachrichtendienst warnt öffentlich: "Russland könnte bis Ende der Dekade einen großmaßstäblichen konventionellen Krieg gegen die NATO führen" – eine Einschätzung, die die strategische Bedeutung der Branche unterstreicht.

Die neue Bundesregierung unter Kanzler Friedrich Merz hat klare Ziele formuliert: Deutschland soll die "konventionell stärkste Armee Europas" werden. Verteidigungsminister Boris Pistorius bleibt im Amt und sorgt für Kontinuität in der Sicherheitspolitik. Die Einführung des "Neuen Wehrdienstes" ist geplant und wird die Personalstärke weiter erhöhen. Ab 2028 wird ein regulärer Verteidigungsetat von mindestens 85 Milliarden Euro nötig sein, so Pistorius in öffentlichen Statements.

Was das für Sie als Fachkraft konkret bedeutet: Die Auftragsbücher der Unternehmen sind voll bis mindestens 2035, teilweise darüber hinaus. Alle großen Defense-Unternehmen befinden sich in massiven Einstellungswellen über alle Qualifikationsstufen hinweg. Das Insolvenzrisiko ist nahezu nicht existent, da staatliche Aufträge langfristig garantiert sind. Die Karrierechancen durch das organische Wachstum sind exzellent, da neue Positionen und Führungsrollen kontinuierlich entstehen. Die jahrzehntelange strukturelle Unterfinanzierung der Bundeswehr wird systematisch beseitigt, was zu massiven Investitionen in Technologie und Personal führt.

Die Zahlen der großen Unternehmen sprechen für sich: Rheinmetall steigerte seinen Umsatz von 7,2 Milliarden Euro im Jahr 2023 auf erwartete über 10 Milliarden Euro im Jahr 2024. Hensoldt verzeichnete 2023 einen Auftragseingang mit einem Plus von 44 Prozent. Diehl Defence meldet eine Rekordauftragslage über alle Geschäftsbereiche hinweg. Das Bundeswehr-Ziel liegt bei 260.000 Soldatinnen und Soldaten, während aktuell nur etwa 185.000 aktiv dienen – diese Lücke muss nicht nur bei Uniformträgern, sondern auch bei zivilen Unterstützungskräften geschlossen werden.

Das Fazit: Eine Frage der Werte

Der Wechsel in die Defense-Industrie ist heute keine Karriere-Entscheidung mehr, die primär vom Gehalt oder von äußeren Umständen getrieben wird. Es ist eine fundamentale Werteentscheidung, die Sie mit sich selbst ausmachen müssen. Die Fragen, die Sie sich ehrlich stellen sollten, bevor Sie diesen Schritt gehen, sind: Möchte ich an Technologie arbeiten, die primär Leben schützt und nicht primär Profit maximiert? Bin ich bereit, mich mit ethischen Dilemmata auseinanderzusetzen, die in der Defense-Industrie unweigerlich auftreten? Kann ich mit der Vertraulichkeit und den Einschränkungen leben, die eine Sicherheitsüberprüfung mit sich bringt? Glaube ich daran, dass Verteidigung und Abschreckung legitim und in der heutigen Welt notwendig sind?

Wenn Sie diese Fragen ehrlich mit "Ja" beantworten können, dann ist Defense mehr als nur ein Job oder eine Karriere. Es ist eine Mission, für die es sich lohnt, morgens aufzustehen, und eine Aufgabe, die über das rein Berufliche hinausgeht.

Das Herzstück: Sicherheitsüberprüfungen Ü1, Ü2, Ü3

Hier wird es konkret und praktisch. Die Sicherheitsüberprüfung ist das zentrale Nadelöhr und die entscheidende Hürde für jeden, der in der Defense-Industrie arbeiten möchte. Sie ist gesetzlich vorgeschrieben durch das Sicherheitsüberprüfungsgesetz und kann nicht umgangen oder beschleunigt werden, egal wie dringend ein Unternehmen eine Position besetzen muss. Aber keine Sorge – mit der richtigen Vorbereitung, realistischen Erwartungen und vollständiger Transparenz ist sie gut zu meistern.

Warum gibt es Sicherheitsüberprüfungen?

Der deutsche Staat muss aus verfassungsrechtlichen und völkerrechtlichen Gründen sicherstellen, dass nur nachweislich vertrauenswürdige Personen Zugang zu Verschlusssachen erhalten – also zu geheimhaltungsbedürftigen Informationen unterschiedlicher Klassifizierungsstufen. Dies dient mehreren übergeordneten Zielen: dem Schutz nationaler Sicherheitsinteressen gegen ausländische Nachrichtendienste und nichtstaatliche Akteure, der Erfüllung von NATO-Verpflichtungen gegenüber Bündnispartnern, die ihre sensiblen Informationen mit Deutschland teilen, und dem Schutz vor Spionage, Sabotage und Erpressung durch feindliche Akteure. Die Sicherheitsüberprüfung ist dabei kein Misstrauensbeweis gegen Sie persönlich, sondern ein systematisches Verfahren zur Risikominimierung, das alle Bewerberinnen und Bewerber gleichermaßen durchlaufen müssen.

Die drei Stufen im Detail

Die Sicherheitsüberprüfung gliedert sich in drei aufeinander aufbauende Stufen, die sich in Umfang, Dauer und Eingriffstiefe deutlich unterscheiden. Jede Stufe entspricht dabei einem höheren Geheimhaltungsgrad und berechtigt zum Zugang zu entsprechend klassifizierten Verschlusssachen.

Die einfache Sicherheitsüberprüfung, kurz Ü1, ist die Basis-Stufe und wird erforderlich, wenn Sie Zugang zu Verschlusssachen der Stufe VS-VERTRAULICH benötigen oder in einem sicherheitsrelevanten Bereich beschäftigt werden. Geprüft wird dabei zunächst Ihre Identität durch Vorlage aller relevanten Dokumente. Alle Ihre Angaben aus der Sicherheitserklärung, die Sie vollständig und wahrheitsgemäß ausfüllen müssen, werden systematisch überprüft. Eine unbeschränkte Auskunft aus dem Bundeszentralregister gibt Aufschluss über mögliche strafrechtliche Verurteilungen. Das Gewerbezentralregister wird abgefragt, um gewerberechtliche Verfehlungen auszuschließen. Das Zentrale Staatsanwaltschaftliche Verfahrensregister zeigt laufende Ermittlungsverfahren. Anfragen an das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei prüfen, ob sicherheitsrelevante Erkenntnisse vorliegen. Die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und aller Länder werden einbezogen, um extremistische oder nachrichtendienstliche Aktivitäten auszuschließen. Bei einer Beschäftigung im Bundeswehr-Kontext führt zusätzlich der Militärische Abschirmdienst eigene Prüfungen durch. Die Dauer dieser Überprüfung beträgt typischerweise vier bis acht Wochen, wobei Ihre Partnerin oder Ihr Partner nicht in die Überprüfung einbezogen wird. Typische Positionen, die eine Ü1 erfordern, sind etwa Software-Entwicklerinnen und Entwickler für militärische Kommunikationssysteme, Technical Writer für VS-VERTRAULICH-Dokumentation oder Projektassistenz in Defense-Projekten.

Die erweiterte Sicherheitsüberprüfung Ü2 geht deutlich tiefer und wird erforderlich, wenn Sie Zugang zu Verschlusssachen der Stufe GEHEIM benötigen, Zugang zu einer hohen Anzahl von VS-VERTRAULICH-Dokumenten haben oder im vorbeugenden personellen Sabotageschutz beschäftigt werden, etwa bei kritischer Infrastruktur. Zusätzlich zu allen Maßnahmen der Ü1 werden weitere umfangreiche Prüfungen durchgeführt: Eine persönliche Identitätsprüfung erfolgt direkt durch Behördenmitarbeiter. Anfragen gehen an die Polizeidienststellen Ihrer letzten Wohnsitze der vergangenen fünf Jahre. Ihre öffentlich sichtbaren Internetseiten und Social Media Profile werden systematisch überprüft und ausgewertet. Der entscheidende Unterschied: Bei einer Überprüfung mit Zugang zu GEHEIM-Verschlusssachen wird zwingend Ihr Ehepartner, Lebenspartner oder Lebensgefährte in die Überprüfung einbezogen. Ohne deren ausdrückliche Zustimmung kann die Überprüfung nicht durchgeführt werden, und ohne erfolgreiche Überprüfung können Sie die Position nicht antreten. Bei einer Überprüfung nur für den Sabotageschutz ohne direkten Zugang zu GEHEIM-Material ist diese Einbeziehung des Partners nicht erforderlich. Die Dauer beträgt typischerweise drei bis sechs Monate. Beispiel-Positionen sind Systems Engineers für Waffensysteme, IT Security Analysts für militärische Netzwerke, Requirements Engineers für Avionik-Systeme oder Projektleiterinnen und Projektleiter für Defense-Projekte.

Die erweiterte Sicherheitsüberprüfung mit Sicherheitsermittlungen, kurz Ü3, ist die höchste und intensivste Stufe. Sie wird erforderlich bei Zugang zu Verschlusssachen der Stufe STRENG GEHEIM, bei Zugang zu einer hohen Anzahl von GEHEIM-Dokumenten oder bei Tätigkeiten bei Nachrichtendiensten wie BND, MAD oder Verfassungsschutz. Zusätzlich zu allen Maßnahmen der Ü1 und Ü2 werden umfangreiche Sicherheitsermittlungen durchgeführt: Referenzpersonen, die Sie selbst benennen müssen, werden systematisch befragt. Dabei müssen Sie zwei bis vier Personen angeben, die Sie seit mehreren Jahren gut kennen und über Ihr Privat- und Berufsleben Auskunft geben können. Das dürfen ausdrücklich keine Familienangehörigen, Lebensgefährten, unterstellte Mitarbeiter oder reine Internetbekanntschaften sein. Zusätzlich werden weitere Auskunftspersonen befragt, etwa ehemalige Arbeitgeber, Nachbarn oder Bekannte. Sicherheitsermittlungen im persönlichen und beruflichen Umfeld werden durchgeführt. Ihre finanzielle Situation wird geprüft, etwa durch Schufa-Daten, um finanzielle Angreifbarkeit auszuschließen. Eine tiefgehende Analyse aller potentiellen Sicherheitsrisiken rundet das Bild ab. Die Dauer beträgt sechs bis neun Monate, und auch hier wird Ihre Partnerin oder Ihr Partner zwingend mitüberprüft. Typische Positionen sind Lead Engineers für strategische Waffensysteme, Cryptographic Engineers, Intelligence Analysts oder Führungspositionen bei Nachrichtendiensten.

NATO-Geheimschutz: Deutschland im internationalen Kontext

Da Deutschland NATO-Mitglied ist und viele Defense-Projekte internationale Kooperationen sind, müssen deutsche Unternehmen auch NATO-Verschlusssachen schützen können. Hier gibt es eine klare Gleichstellung der Geheimhaltungsgrade zwischen NATO-Standards und deutschen Klassifizierungen: NATO RESTRICTED entspricht dem deutschen VS-NUR FÜR DEN DIENSTGEBRAUCH und erfordert eine schriftliche Verpflichtungserklärung. NATO CONFIDENTIAL entspricht VS-VERTRAULICH und erfordert Ü1. NATO SECRET entspricht GEHEIM und erfordert Ü2. COSMIC TOP SECRET, die höchste NATO-Klassifizierung, entspricht STRENG GEHEIM und erfordert Ü3.

Wenn Sie für ein internationales Projekt arbeiten, etwa am Eurofighter, am F-35-Programm oder am Future Combat Air System FCAS, gelten diese NATO-Standards automatisch. Ihre deutsche Sicherheitsermächtigung wird dabei von NATO-Partnern anerkannt, und umgekehrt werden auch deren Ermächtigungen in Deutschland akzeptiert, sofern sie gleichwertig sind.

Ähnliche Systeme existieren auch für andere internationale Organisationen: Die Europäische Union nutzt EU RESTRICTED bis EU TOP SECRET, die Europäische Weltraumorganisation ESA verwendet ESA RESTRICTED bis ESA TOP SECRET, und die europäische Rüstungskooperations-Organisation OCCAR arbeitet mit OCCAR RESTRICTED bis OCCAR SECRET.

Doppelte Staatsbürgerschaft: Was ist möglich?

Das ist die Frage, die wir in unseren Beratungsgesprächen mit Abstand am häufigsten hören, und die Antwort lautet: Es kommt ganz entscheidend darauf an, welche zweite Staatsbürgerschaft Sie besitzen und welche Ü-Stufe für Ihre angestrebte Position erforderlich ist.

Die Staatenliste: Diese Länder sind problematisch

Es gibt eine offizielle Staatenliste des Bundesministeriums des Innern gemäß Paragraph 32 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes, die regelmäßig aktualisiert wird und klar definiert, welche Länder aus sicherheitspolitischer Sicht als problematisch gelten. Seit November 2024 umfasst Teil eins dieser Liste, der die hochproblematischen Staaten definiert, folgende Länder: die Russische Föderation, Belarus, die Volksrepublik China einschließlich Hongkong und Macau, Iran, Nordkorea, Syrien, Afghanistan, Kuba, Vietnam sowie die zentralasiatischen Staaten Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan.

Teil zwei der Liste umfasst weitere Staaten, die als problematisch, aber weniger kritisch eingestuft werden: Ägypten, Algerien, Irak, Libanon, Pakistan, Sudan sowie die Balkan-Staaten Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina, Kosovo und Nordmazedonien. Diese Liste wird von der Bundesregierung regelmäßig überprüft und kann sich entsprechend der sicherheitspolitischen Lage ändern.

Was bedeutet das konkret?

Wenn Sie eine doppelte Staatsbürgerschaft mit einem Land aus Teil eins der Liste besitzen, wird Ü3 sehr schwierig bis praktisch unmöglich. Auch Ü2 kann problematisch sein und unterliegt einer intensiven Einzelfallprüfung, bei der Ihr gesamter Lebenslauf, Ihre familiären Bindungen und Ihre Reisehistorie detailliert analysiert werden. Ü1 ist eventuell möglich, aber auch hier mit erhöhter Prüfungsintensität und längeren Bearbeitungszeiten.

Bei einer doppelten Staatsbürgerschaft mit einem NATO- oder EU-Mitgliedsstaat sind Ü1 und Ü2 in aller Regel unproblematisch, und auch Ü3 ist normalerweise möglich, sofern keine anderen Risikofaktoren hinzukommen.

Konkrete Beispiele verdeutlichen dies: Eine deutsch-amerikanische Staatsbürgerschaft stellt in der Regel kein Problem dar. Deutsch-britisch, deutsch-französisch oder deutsch-polnisch sind ebenfalls unproblematisch. Eine deutsch-türkische Staatsbürgerschaft führt bei Ü1 meist zu keinen Problemen, bei Ü2 und Ü3 ist jedoch eine Einzelfallprüfung erforderlich. Eine deutsch-russische oder deutsch-chinesische Staatsbürgerschaft ist sehr problematisch und führt bei höheren Ü-Stufen fast immer zu einer Ablehnung.

Was wird bei Auslandsbezug geprüft?

Die Behörden prüfen bei allen Ü-Stufen, aber besonders intensiv bei Ü2 und Ü3, folgende Aspekte: Alle Wohnsitze und Aufenthalte im Ausland, die länger als zwei Monate dauerten, in den letzten fünf bis zehn Jahren. Reisen in Staaten der Liste müssen bei Ü2 und Ü3 angezeigt werden und werden dokumentiert. Nahe Angehörige wie Eltern, Geschwister oder Kinder, die in Staaten der Liste leben, werden erfasst und bewertet. Eine Partnerin oder ein Partner aus einem dieser Staaten wird besonders kritisch geprüft. Auch geschäftliche Kontakte und finanzielle Verbindungen ins Ausland werden analysiert.

Besonders wichtig zu wissen: Auch nach Erhalt der Sicherheitsermächtigung besteht bei Ü2 und Ü3 eine fortlaufende Reiseanzeigepflicht für die Staaten aus Teil eins der Liste. Diese Pflicht besteht nicht nur während Ihrer aktiven Beschäftigung, sondern auch noch ein Jahr nach Ausscheiden aus der Tätigkeit. Bei Beschäftigung bei Nachrichtendiensten kann diese Frist noch deutlich länger sein.

Die prüfenden Institutionen: Wer steckt dahinter?

Das Bundesamt für Verfassungsschutz ist die zentrale Institution und führt Ü1, Ü2 und Ü3 für zivile Behörden und die Privatwirtschaft durch. Das Amt wertet alle Erkenntnisse über extremistische oder nachrichtendienstliche Aktivitäten aus und gibt am Ende ein Sicherheitsvotum ab, das eine Empfehlung für oder gegen die Erteilung der Ermächtigung darstellt. Der Militärische Abschirmdienst ist zuständig für alle Bundeswehr-Angehörigen, sowohl Soldatinnen und Soldaten als auch ziviles Personal, und prüft auch Bewerberinnen und Bewerber für militärische Positionen. Der MAD ist spezialisiert auf Spionageabwehr im militärischen Bereich.

Die Landesämter für Verfassungsschutz sind bei Landesbehörden und Landeseinrichtungen zuständig und arbeiten eng mit dem Bundesamt zusammen. Der Bundesnachrichtendienst führt keine direkten Sicherheitsüberprüfungen durch, kann aber in Einzelfällen zur Amtshilfe angefragt werden und führt eigene, noch intensivere Überprüfungen für das eigene Personal durch.

Weitere beteiligte Behörden sind das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei, die Polizeidienststellen der Länder, die Staatsanwaltschaften und das Bundesamt für Justiz, das das Bundeszentralregister führt.

Der Ablauf in der Praxis

Der formale Ablauf beginnt damit, dass der Arbeitgeber über seinen Geheimschutzbeauftragten oder Sicherheitsbevollmächtigten den Antrag stellt. Sie als Bewerberin oder Bewerber füllen dann eine sehr detaillierte Sicherheitserklärung aus, die mehrere Stunden Zeit in Anspruch nehmen kann. Die zuständigen Behörden führen dann die entsprechenden Prüfungen durch, bei Ü3 werden zusätzlich Referenzpersonen systematisch befragt. Am Ende wird ein Sicherheitsvotum erstellt, das eine Empfehlung enthält. Die Endentscheidung über die Erteilung der Sicherheitsermächtigung trifft formal der Arbeitgeber bei privatwirtschaftlichen Unternehmen oder die zuständige Stelle bei Behörden.

Wichtig zu verstehen: Ein negatives Sicherheitsvotum ist keine Straftat und kein persönlicher Vorwurf gegen Sie. Es bedeutet lediglich, dass aus Sicht der Sicherheitsbehörden ein Restrisiko nicht ausgeschlossen werden kann. Sie haben in jedem Fall ein Recht auf Anhörung vor einer endgültigen Ablehnung und können Stellung nehmen zu den Gründen.

Was ist in der Defense-Industrie anders als in anderen Branchen?

Der Bewerbungsprozess

Vertraulichkeit beginnt bereits beim Bewerbungsprozess: Viele sensible Positionen werden bewusst nicht öffentlich ausgeschrieben, da bereits die Existenz bestimmter Projekte klassifiziert sein kann. Headhunter und spezialisierte Personalberater wie TEKOM spielen daher eine zentrale Rolle. Oftmals erfolgt eine diskrete Ansprache qualifizierter Kandidatinnen und Kandidaten über berufliche Netzwerke. Projektdetails können in öffentlichen Stellenanzeigen aus Geheimhaltungsgründen nicht genannt werden.

Die Einstellungsdauer ist deutlich länger als in anderen Branchen: Drei bis neun Monate vom ersten Gespräch bis zum Arbeitsvertrag sind völlig normal, da die Sicherheitsüberprüfung nicht beschleunigt werden kann. Oft ist eine vorläufige Beschäftigung mit eingeschränktem Zugang möglich, bis die vollständige Ermächtigung vorliegt. Geduld und realistisches Erwartungsmanagement sind hier gefragt, sowohl von Bewerbenden als auch von Unternehmen.

Besondere Anforderungen umfassen die grundsätzliche Bereitschaft zur Sicherheitsüberprüfung, einschließlich der Einbeziehung Ihrer Partnerin oder Ihres Partners bei Ü2 und Ü3. Ihre Reisefreiheit wird eingeschränkt durch die Anzeigepflicht für bestimmte Länder. Ihre Social Media Präsenz wird geprüft, weshalb eine Überprüfung Ihrer Online-Profile vor der Bewerbung sinnvoll ist.

Im Job

Das Need-to-Know-Prinzip ist fundamental: Sie erfahren nur das, was Sie für Ihre konkrete Aufgabe wissen müssen, auch wenn Sie formal Zugang zu mehr Informationen hätten. Die strikte Trennung von verschiedenen Projekten ist organisatorisch verankert. Offene Bürolandschaften gibt es bei sensiblen Projekten nicht, stattdessen arbeiten Sie in gesicherten Bereichen.

Dokumentation und Compliance sind allgegenwärtig: Jeder Zugriff auf Verschlusssachen wird elektronisch protokolliert und ist nachvollziehbar. Strenge IT-Sicherheitsrichtlinien verbieten private USB-Sticks, und Sie arbeiten in abgeschotteten Netzwerken ohne Internetverbindung. Regelmäßige Sicherheitsschulungen sind verpflichtend und werden dokumentiert.

Reisebeschränkungen bedeuten bei Ü2 und Ü3 eine Anzeigepflicht für Reisen in bestimmte Länder, selbst für private Urlaube. Geschäftsreisen in kritische Länder müssen vorab genehmigt werden. Nach Ausscheiden aus der Tätigkeit bleibt die Anzeigepflicht noch mindestens ein Jahr bestehen.

Vertraulichkeit betrifft auch Ihr Privatleben: Sie dürfen zu Hause nicht über Details Ihrer Arbeit sprechen, auch nicht mit engsten Familienangehörigen. Fotos am Arbeitsplatz sind in gesicherten Bereichen untersagt. Bei Nachfragen von Freunden oder Bekannten müssen Sie mit einem freundlichen "Sorry, darüber darf ich nicht sprechen" antworten.

Karrierewechsel

Einschränkungen beim Jobwechsel sind üblich: Wettbewerbsverbote in Arbeitsverträgen sind Standard und werden durchgesetzt. Ein Wechsel zu ausländischen Firmen, insbesondere aus kritischen Ländern, kann problematisch sein. Nachvertragliche Verschwiegenheitspflichten gelten oft zehn bis dreißig Jahre und sind rechtlich bindend.

Positiv ist: Ihre Sicherheitsermächtigung ist innerhalb Deutschlands zwischen Unternehmen übertragbar, wenn die neue Position eine entsprechende Stufe erfordert. Defense-Erfahrung ist wertvoll und lässt sich in verwandte Branchen wie Luft- und Raumfahrt, Automotive oder kritische Infrastruktur übertragen.

Ethische Überlegungen

Sie werden mit ethischen Fragen konfrontiert werden, im Freundeskreis, in der Familie und bei sich selbst. Aus unserer langjährigen Erfahrung wissen wir: Diese Fragen sind real und sollten nicht ignoriert werden.

Häufige Bedenken, die uns begegnen, sind: "Ich will keine Waffen bauen und Gewalt unterstützen." Oder: "Die Rüstungsindustrie sind doch Kriegstreiber, die von Konflikten profitieren." Auch hören wir: "Das ist ethisch fragwürdig und widerspricht meinen Werten."

Die andere Perspektive, die wir ebenfalls immer wieder erleben, betont: Verteidigung ist nicht gleichzusetzen mit Angriff, sondern dient der Abschreckung. Sicherheit ist die Voraussetzung für Freiheit und Demokratie, nicht deren Gegenteil. Deutschland hat NATO-Verpflichtungen und Verantwortung für die europäische Sicherheit. Sie können auch an primär zivilen Anwendungen arbeiten, etwa in Cyber Security oder Satellitentechnologie. Viele Technologien haben Dual-Use-Charakter und dienen sowohl militärischen als auch zivilen Zwecken.

Unsere klare Empfehlung aus der Erfahrung: Reflektieren Sie Ihre eigenen Werte ehrlich und gründlich. Wenn Sie sich mit der Branche und ihrer Mission nicht wohlfühlen, bewerben Sie sich nicht, denn Sie werden auf Dauer nicht zufrieden sein. Aber: Die Defense-Industrie ist deutlich vielfältiger und differenzierter als ihr öffentliches Image vermuten lässt, und viele Menschen finden dort eine sinnstiftende Karriere.

Praktische Bewerbungstipps für die Defense-Industrie

Vorbereitung

Überprüfen Sie Ihre persönliche Sicherheitsakte gründlich, bevor Sie sich bewerben: Fordern Sie eine Auskunft aus dem Bundeszentralregister an, um zu wissen, was dort steht. Klären Sie, ob offene Verfahren gegen Sie laufen. Holen Sie eine Schufa-Auskunft ein, da diese bei Ü2 und Ü3 relevant sein kann. Überprüfen Sie kritisch, was auf Ihren Social Media Profilen öffentlich sichtbar ist. Dokumentieren Sie, wie viele und welche Art von Kontakten Sie in problematische Länder haben.

Sprechen Sie frühzeitig und offen mit Ihrer Partnerin oder Ihrem Partner über die Implikationen: Bei Ü2 und Ü3 wird er oder sie zwingend in die Überprüfung einbezogen. Ohne ausdrückliche Zustimmung kann die Überprüfung nicht stattfinden, was das Ende Ihrer Bewerbung bedeutet. Klären Sie diese grundsätzliche Frage unbedingt vor der Bewerbung, nicht erst, wenn der Arbeitgeber den Antrag stellen will.

Ordnen Sie Ihre Unterlagen systematisch: Erstellen Sie einen lückenlosen Lebenslauf der letzten zehn Jahre mit exakten Zeitangaben. Dokumentieren Sie alle Wohnsitze der letzten fünf Jahre mit vollständigen Adressen. Listen Sie alle Auslandsaufenthalte länger als zwei Monate auf. Bereiten Sie potentielle Referenzpersonen für eine mögliche Ü3 vor, indem Sie sie vorab informieren und um Zustimmung bitten.

Die Bewerbung

Im Anschreiben sollten Sie klar motivieren, warum Sie gezielt in der Defense-Branche arbeiten möchten, denn Motivation ist hier wichtiger als in anderen Branchen. Zeigen Sie Bewusstsein für die besonderen Sicherheitsaspekte der Branche. Erwähnen Sie gegebenenfalls bereits bestehende Sicherheitsermächtigungen prominent, da dies ein großer Vorteil ist.

Im Lebenslauf sollten Sie transparent mit Auslandsaufenthalten umgehen und diese vollständig aufführen. Erwähnen Sie relevante Clearances und deren Stufe. Listen Sie Ihre technischen Skills sehr detailliert auf, da fachliche Tiefe in Defense besonders geschätzt wird.

Im Bewerbungsgespräch sollten Sie ehrlich zu Ihren Erwartungen und Motivationen sein. Fragen Sie konkret nach der erforderlichen Ü-Stufe für die Position. Klären Sie die realistische Timeline, wann Sie tatsächlich starten können. Sprechen Sie eine mögliche finanzielle Kompensation für die Wartezeit während der Überprüfung an, da manche Unternehmen hier Lösungen anbieten.

Die Sicherheitserklärung

Die Sicherheitserklärung ist ein umfangreiches Formular, das Sie mit größter Sorgfalt ausfüllen sollten. Wichtige Tipps: Füllen Sie alles wahrheitsgemäß und vollständig aus, denn Unvollständigkeiten führen zu Verzögerungen. Wissentlich falsche Angaben können strafrechtlich relevant sein. Bei Unsicherheiten fragen Sie lieber beim Geheimschutzbeauftragten nach als etwas falsch anzugeben. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit, mehrere Stunden sind normal und notwendig.

Die Sicherheitserklärung bei Ü2 und Ü3 fragt unter anderem ab: Ihre vollständigen Personalien einschließlich aller früheren Namen. Alle Staatsangehörigkeiten, auch frühere und bereits aufgegebene. Alle Wohnsitze der letzten fünf Jahre in Deutschland und im Ausland. Alle Auslandsaufenthalte länger als zwei Monate. Detaillierte Angaben zu Partnerin oder Partner inklusive Name, Geburtsdatum, Staatsangehörigkeit und Beruf. Angaben zu Eltern, Geschwistern und Kindern. Nahe Angehörige im Ausland, insbesondere in Staaten der Liste. Ihre vollständige Ausbildungs-, Studiums- und Berufstätigkeit lückenlos. Ihre finanziellen Verhältnisse. Vorstrafen und laufende Verfahren. Mögliche Kontakte zu extremistischen Organisationen. Referenzpersonen, die Sie bei Ü3 benennen müssen.

Die Wartezeit nutzen

Während der Überprüfung, die mehrere Monate dauern kann, sollten Sie die Zeit aktiv nutzen: Informieren Sie sich intensiv über die Branche und aktuelle Entwicklungen. Vernetzen Sie sich über LinkedIn und XING mit Fachleuten aus der Branche. Besuchen Sie relevante Fachmessen wie die ILA Berlin oder die GPEC. Halten Sie regelmäßigen Kontakt zum Unternehmen, um Interesse zu zeigen.

Bei Ablehnung

Ein negatives Votum ist kein Weltuntergang, auch wenn es zunächst frustrierend ist: Sie haben ein gesetzlich garantiertes Recht auf Anhörung vor der endgültigen Entscheidung. Sie können Widerspruch einlegen und die Gründe anfechten. Sie können sich bei anderen Defense-Unternehmen für Positionen mit niedrigerer Ü-Stufe bewerben. Sie können nach einigen Jahren einen neuen Antrag stellen, wenn sich Ihre Situation geändert hat.

Typische Positionen und erforderliche Ü-Stufen

Um Ihnen eine konkrete Orientierung zu geben, welche Positionen welche Sicherheitsüberprüfung erfordern, hier eine Übersicht aus unserer Praxis: Eine Software-Entwicklerin oder ein Software-Entwickler im allgemeinen Defense-Bereich benötigt typischerweise Ü1, da hier Zugang zu technischen Spezifikationen der Stufe VS-VERTRAULICH erforderlich ist. Ein Systems Engineer, der an konkreten Waffensystemen arbeitet, benötigt meist Ü2, da detaillierte Systemarchitekturen als GEHEIM klassifiziert sind. Cyber Security Analysts bewegen sich je nach Aufgabenbereich zwischen Ü2 und Ü3, da sie Zugang zu Schwachstellen und Abwehrsystemen benötigen. Requirements Engineers für Avionik-Systeme brauchen in der Regel Ü2 für die DO-178C konforme Entwicklung safety-critical Software. Export Control Officers benötigen Ü2 bis Ü3, da sie Kenntnis aller Exportvorhaben haben müssen. Projektleiterinnen und Projektleiter für strategische Systeme benötigen Ü3, da sie einen Gesamtüberblick über strategische Programme haben. Intelligence Analysts bei Nachrichtendiensten benötigen zwingend Ü3 wegen des Zugangs zu nachrichtendienstlichen Informationen. Kryptographie-Expertinnen und Experten, die Verschlüsselungssysteme entwickeln, benötigen ebenfalls Ü3.

Die Marktsituation: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt

Die Defense-Industrie erlebt den stärksten Boom seit Jahrzehnten, und die Wachstumszahlen sprechen eine eindeutige Sprache: Rheinmetall steigerte seinen Umsatz von 7,2 Milliarden Euro im Jahr 2023 auf erwartete 10 Milliarden Euro im Jahr 2024. Der Verteidigungshaushalt 2025 erreicht mit 86,37 Milliarden Euro einen historischen Höchststand. Die Bundesregierung hat angekündigt, die Verteidigungsausgaben weiter deutlich zu erhöhen, um NATO-Verpflichtungen zu erfüllen und Deutschland zur stärksten konventionellen Armee Europas zu machen.

Besonders stark nachgefragt werden Software Engineers mit Erfahrung in C++, Ada und Safety-Critical-Entwicklung nach Standards wie DO-178C oder ISO 26262. Systems Engineers für Requirements Engineering, Verification und Validation mit Systemverständnis für komplexe Waffensysteme werden händeringend gesucht. Ebenso groß ist der Bedarf an Cyber Security Specialists mit Zertifizierungen und Erfahrung in NATO-Umgebungen. Embedded Engineers mit Hardware-naher Programmierung werden kontinuierlich gesucht. Hardware Engineers mit Schwerpunkt Avionics und Sensortechnologie sind Mangelware. Projektmanager mit PMO-Erfahrung in internationalen Defense-Projekten sind hoch begehrt. Quality Assurance Engineers mit Kenntnissen in DO-178C oder ISO 26262 werden dringend benötigt. Export Control Specialists mit Kenntnissen in Außenwirtschaftsrecht sind schwer zu finden. Mechanical Engineers für Fahrzeugtechnik und Waffensysteme werden verstärkt gesucht.

Viele erfolgreiche Quereinsteiger kommen aus der Luft- und Raumfahrt, von Unternehmen wie Airbus, MTU Aero Engines und Liebherr Aerospace, da die technischen Anforderungen ähnlich sind. Die Automotive-Branche ist ebenfalls eine wichtige Quelle, mit Fachkräften von BMW, Mercedes-Benz, Bosch und Continental, die Erfahrung in Safety-Critical Systems mitbringen. Der klassische Maschinen- und Anlagenbau liefert Ingenieurinnen und Ingenieure mit mechanischem Verständnis. Die IT- und Software-Branche ist eine Quelle für Cyber Security und Software-Entwicklung. Die Elektrotechnik und Elektronik-Branche bringt Hardware-Expertise mit. All diese Fähigkeiten sind in der Defense-Industrie nicht nur gefragt, sondern lassen sich hervorragend übertragen und weiterentwickeln.

Fazit: Defense ist eine echte Karriereoption

Die Defense-Industrie hat sich in den letzten Jahren vom gesellschaftlichen No-Go zum attraktiven und respektierten Arbeitgeber entwickelt. Die Branche bietet heute eine einzigartige Kombination aus Faktoren: Jobsicherheit in wirtschaftlich unsicheren Zeiten durch volle Auftragsbücher bis weit in die 2030er Jahre. Überdurchschnittliche Gehälter und umfangreiche Sozialleistungen, oft im Rahmen von Tarifverträgen. Spannende technologische Herausforderungen an der absoluten Spitze der verfügbaren Technologie. Langfristige Perspektiven durch massive staatliche Investitionen und politischen Rückhalt. Sinnstiftende Arbeit durch den Beitrag zum Schutz von Freiheit, Demokratie und Sicherheit.

Aber Sie müssen sich auf besondere Anforderungen einstellen: Die Sicherheitsüberprüfung kann mehrere Monate dauern und erfordert Geduld. Vertraulichkeit in Job und Privatleben ist nicht verhandelbar. Reisebeschränkungen und Anzeigepflichten schränken Ihre Bewegungsfreiheit ein. Kritische Fragen aus dem sozialen Umfeld werden kommen, und Sie müssen damit umgehen können. Ethische Reflexion über Ihre Tätigkeit ist notwendig und sollte ernst genommen werden.

Unser Rat nach Jahren der Erfahrung in der Branche: Wenn Sie technisch versiert sind und Freude an komplexen Systemen haben, wenn Sie mit den Sicherheitsanforderungen und der Vertraulichkeit leben können, wenn Sie eine Mission suchen, die über das rein Berufliche hinausgeht, dann ist Defense eine hervorragende Karriereoption, die Sie ernsthaft in Betracht ziehen sollten.

Sie interessieren sich für eine Karriere in der Defense-Industrie?

Als spezialisierte Personalberatung für die Rüstungs-, Luft- und Raumfahrt sowie High-Tech-Branche unterstützen wir Fach- und Führungskräfte bei ihrem Karriereschritt in die Defense-Industrie. Wir verfügen über tiefgreifende Branchenkenntnisse, ein weitreichendes Netzwerk zu führenden Unternehmen der Branche und langjährige Erfahrung in der Begleitung von Sicherheitsüberprüfungen.

Die Defense-Industrie durchläuft aktuell die größte Wachstumsphase seit Jahrzehnten. Unternehmen wie Rheinmetall, Hensoldt, Diehl Defence, Airbus Defence and Space, MBDA Deutschland und viele weitere suchen händeringend nach qualifizierten Fachkräften in allen Bereichen – von Software Engineering über Systems Engineering bis zu Projektmanagement und Export Control.

Disclaimer: Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und basiert auf öffentlich zugänglichen Quellen sowie unserer langjährigen Recruiting-Erfahrung in der Defense-Branche. Die rechtlichen Grundlagen wie das Sicherheitsüberprüfungsgesetz und NATO-Vorschriften können sich ändern. Gehaltsspannen und Marktbeobachtungen sind Richtwerte und können im Einzelfall erheblich abweichen. Für verbindliche Auskünfte zu Sicherheitsüberprüfungen wenden Sie sich bitte an die zuständigen Behörden wie das Bundesamt für Verfassungsschutz oder den Militärischen Abschirmdienst oder konsultieren Sie spezialisierte Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte.

Stand: November 2025

Hauptquellen:

  • Bundesamt für Verfassungsschutz (www.verfassungsschutz.de)
  • Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) in der aktuellen Fassung
  • Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI)
  • NATO Security Policy Dokumente
  • Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw)
  • Eigene Marktbeobachtungen und mehrjährige Recruiting-Erfahrung

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